Unser Experte für Palliativmedizin

Prof. Dr. med. Roman Rolke

Spezialisierungen: Palliativmedizin, Pathophysiologie und Therapie neuropathischer Tumorschmerzen

Institution und Position: Direktor der Klinik für Palliativmedizin am Universitätsklinikum Aachen. Lehrstuhlinhaber (W3) für Palliativmedizin an der RWTH Aachen.

Stand: 14.03.2018

Die Mitschrift des Interviews mit Prof. Dr. med. Roman Rolke zum Thema “Palliativmedizin”

Was versteht man unter Palliativmedizin?

Ziel der Palliativmedizin ist die Begleitung von Menschen mit nicht mehr heilbaren, weit fortgeschrittenen Erkrankungen. Das eigentliche Anliegen ist die Herstellung der bestmöglichen Lebensqualität für Patienten und ihre Angehörigen durch Linderung belastender Beschwerden. Das kann die Linderung von starken Schmerzen, Luftnot oder Unruhe sein. Genauso aber auch von psychischen Beschwerden wie Ängsten, Schlafstörung, Depression, das Klären von sozialen Fragen: Geht es um einen Rentenantrag oder überhaupt um Zusammenhänge und Unterstützung bei Problemen, etwa in der Familie? Bis hin zu letztlich spirituellen oder existenziellen Fragen, wenn Menschen sich damit beschäftigen, was ihr Leben vielleicht auch jetzt noch für einen Sinn hat. Als Palliativmediziner gebe ich hier nicht direkt eine Antwort, aber ich helfe den Patienten durch eine geschickte Moderation selbst die Antworten für ihr eigenes Leben zu finden.

Die Rede ist oft von Sterbebegleitung. Stimmt das?

Es stimmt, dass in der Palliativmedizin auch die Begleitung sterbender Menschen eine ganz wichtige Rolle spielt. Diese Begleitung wird in einer hochspezialisierten Umgebung, etwa auf einer Palliativstation, oder auch in anderen palliativen Versorgungsangeboten, die manchmal auch zu Hause möglich sind, durch die ambulante Palliativversorgung sichergestellt. Tatsächlich aber wünsche ich mir als Palliativmediziner sehr oft schon viel früher im Krankheitsverlauf von Patienten eingebunden zu werden, um zu vielen wichtigen Fragen zu beraten, und um eine vorausschauende Gesundheitsplanung zu machen, etwa mit dem Überlegen, was wichtig für den Menschen ist, wenn er an sein Lebensende kommt, etwa durch das Ausfüllen einer Patientenverfügung, einer Vorsorgevollmacht, ethischer Entscheidungsfindung. Aber auch früh im Krankheitsverlauf kommt es vor, dass Menschen starke Probleme haben, etwa Schmerzen oder andere belastende Symptome, und da ist auch der Palliativmediziner der Richtige, um diese Beschwerden zu lindern, damit dieser Mensch wieder zurückfindet zu einer guten Lebensqualität und als Palliativmediziner verstehe ich mich nicht als Sterbe-Mediziner, sondern ich bin für meine Patienten der Arzt für ihre Lebensqualität.

Bei welchen Krankheiten ist die Palliativmedizin wichtig?

Palliativmedizin kommt für alle Menschen in Frage, die eine weit fortgeschrittene und nicht mehr heilbare Erkrankung haben. Die meisten Menschen, die heute in der Palliativmedizin versorgt werden, leiden unter einer Krebserkrankung. Das sind etwa 80 manchmal 90 % der Patienten. Der nächstgrößte Teil von Menschen in der Palliativversorgung leidet unter einer fortgeschrittenen Herz-Kreislauf-Erkrankung. Das kann eine schwere Herzschwäche sein oder eine schwere Herzklappenveränderung oder aber auch eine andere fortgeschrittene Gefäßerkrankung, die etwa die Beine oder das Gehirn betrifft. Daneben kommen Patienten für die palliative Versorgung in Frage, die z. B. an einer neurologischen Erkrankung leiden. Das kann eine weit fortgeschrittene Multiple Sklerose, eine Parkinson-Erkrankung oder eine amyotrophe Lateralsklerose (ALS) sein. Sie merken schon, es gibt ein breites Spektrum von Erkrankungen, im Grunde jede weit fortgeschrittene und nicht mehr heilbare Erkrankung, die in der Palliativmedizin versorgt werden kann.

Wann sollte Kontakt mit der Palliativmedizin aufgenommen werden?

Kontakt mit der Palliativmedizin sollte immer dann aufgenommen werden, wenn eine weit fortgeschrittene und nicht mehr heilbare Erkrankung besteht, die mit belastenden Symptomen einhergeht. Etwa starken Schmerzen, Luftnot, oder psychischen Problemen, sozialen Fragen, bis hin zu existenzielle Nöten. Die Palliativmedizin wird dann versuchen, begleitend zu den sonst noch laufenden Therapien Angebote zu machen, die versuchen die Lebensqualität zu verbessern.

Welche Bereiche gehören zur Palliativmedizin?

Die Palliativmedizin kümmert sich um alle möglichen Bereiche. Als Querschnittsfach in der Medizin haben wir Kontakt mit Menschen, die in chirurgischen Bereichen versorgt werden, wo wir uns um die Linderung von belastenden Beschwerden wie Schmerzen oder andere Probleme, etwa nach einer Operation kümmern. Aber auch in anderen Bereichen wie der Inneren Medizin, wo nicht operiert wird, kümmern wir uns um die Patienten. Die Bereiche, um die wir uns kümmern, betreffen körperliche Symptome wie etwa Schmerzen, Luftnot, aber auch psychische Probleme wie Ängste, Depression, Schlafstörung, genauso wie soziale Fragen, wo wir die Familien beraten, zu rechtlichen Fragen Stellung nehmen, Kontakt mit Kassen oder anderen Dienstleistern im Rechtssystem aufnehmen, bis hin zu existenziellen oder spirituellen Fragen, wo Menschen uns manchmal ansprechen und fragen: Was hat jetzt bei dieser fortgeschrittenen Erkrankung mein Leben noch für einen Sinn? Und darauf bin ich nicht der, der eine Antwort gibt, aber ich bin dann der für diese Patienten, der ihnen hilft vielleicht selbst eine Antwort zu finden.

Welche Symptome stehen im Fokus? Welche kommen hinzu?

In der Palliativversorgung spielt die Linderung von Schmerzen eine besonders große Rolle. Oft werden auch Luftnot, Übelkeit oder Erbrechen behandelt, sowie psychische Symptome, etwa Ängste und Depressionen oder Schlafstörungen. Mit dem Fortschreiten einer Erkrankung, manchmal auch zum Lebensende hin, kommt es häufig zum Auftreten von Unruhe oder Verwirrtheit, was besonders belastend für Patienten selbst, aber auch für die Angehörigen, die hier begleiten, sein kann. Dann geht es auch darum mit Medikamenten diese Unruhe, Verwirrtheit, die Schmerzen, all diese Symptome so zu lindern, dass auch ein leichtes, ruhiges, friedliches Sterben möglich ist, oder in einer frühen Phase diese belastenden Symptome so gelindert werden, dass die Patienten erstmal wieder ganz zufrieden nach Hause können.

Würden Sie Palliativmedizin auch als Schmerztherapie bezeichnen?

In der Palliativmedizin spielt die Schmerztherapie selbstverständlich eine sehr, sehr große Rolle, weil etwa zwei Drittel der fortgeschritten erkrankten Patienten auf einer Palliativstation unter Schmerzen leiden. Palliativmedizin ist aber nicht nur Schmerzmedizin. Wir behandeln über Schmerzen hinaus noch eine ganze Fülle von anderen Symptomen: Übelkeit, Erbrechen, Luftnot, psychische Symptome wie Ängste, Depressivität, Schlafstörungen, und, und, und. Insofern ist Palliativmedizin noch deutlich mehr als die Linderung von Schmerzen.

Wie beeinflusst die Palliativmedizin die „normale“ Therapie?

Palliativmedizin beeinflusst durchaus auch eine normale Therapie, etwa eine Krebsbehandlung durch Chemotherapie, Operation oder Bestrahlung, weil die begleitenden Schmerzen und anderen Symptome von Palliativmedizinern so gut gelindert werden, dass Menschen etwas schneller auch das Krankenhaus wieder verlassen können, weil sie sich rasch in einem guten Allgemeinzustand befinden, der wieder diesen Weg nach Hause ermöglicht.

Palliativmedizin verbessert die Lebensqualität – stimmt das?

Ich glaube sehr, dass Palliativmedizin die Lebensqualität von Patienten, aber auch von Angehörigen verbessert, dadurch, dass wir belastende Beschwerden lindern, die Schmerzen und andere Probleme, durch Beratung zu lebenswichtigen Fragen oder eine vorausschauende Gesundheitsplanung, z. B indem wir über das Thema einer Patientenverfügung sprechen, darüber, was ein Mensch sich wirklich wünscht, was am Ende des Lebens geschehen soll; rechtlich beraten über eine Vorsorgevollmacht oder das Thema Betreuungsverfügung – im Vordergrund von palliativmedizinischen Bemühungen steht immer die Lebensqualität und um es offen zu sagen: Als Palliativmediziner verstehe ich mich nicht als Sterbe-Mediziner, jemand der Menschen nur am Lebensende begleitet. Ich wünsche mir, auch die Lebensqualität zu verbessern, auch früher im Krankheitsverlauf für viele Menschen da sein zu können und ihnen weiterzuhelfen.

Sterben als Teil des Lebens zu akzeptieren - wie gelingt das?

Das Sterben ist ein Prozess am Ende des Lebens, der zum Leben dazu gehört. Das zu akzeptieren ist nicht immer ein ganz einfacher Weg. Teil der palliativen Begleitung besteht darin, Menschen bei der Bewältigung ihrer eigenen Krankheit, wir sprechen von Krankheitsbewältigung, zu unterstützen. Das gelingt oft durch einfühlsame Gespräche von den Ärztinnen und Ärzten, durch die Pflege, vor allem aber auch durch eine psychologische, professionelle Begleitung, die wir den Patienten selbst sowie auch den Angehörigen in der Palliativversorgung zur Seite stellen. Die Angehörigen müssen selbstverständlich auch die Krankheit des Betroffenen bewältigen. Insofern ist die Unterstützung von allen Beteiligten ein wichtiges Anliegen und genau darauf konzentriert sich die Palliativmedizin.

Wann und wie kann die palliative Betreuung ambulant zu Hause erfolgen?

Wenn ein Patient etwa auf einer Palliativstation zuvor sehr starke Schmerzen so eingestellt bekommen hat, dass diese nicht mehr sehr stark ausgeprägt sind, kann auch eine palliative Begleitung sehr gut zu Hause weitergeführt werden. Etwa durch eine allgemeine, ambulante Palliativversorgung (AAPV) oder eine spezialisierte, ambulante Palliativversorgung (SAPV). Diese Versorgung gibt es kostenlos für den Patienten auf Rezept vom Hausarzt. Ziel dieser Behandlung ist bei nicht einfachen Beschwerden diese auch zu Hause bestmöglich hinzubekommen, etwa in der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, dadurch dass ein Team aus Pflegekräften und Ärzten auf Abruf bei Bedarf 7 Tage die Woche, rund um die Uhr, hinzugezogen werden kann, um vielleicht am Wochenende oder in der Nacht auftretende starke Schmerzen in den Griff zu bekommen.

Wann würden Sie eine stationäre palliative Betreuung empfehlen?

Eine stationäre palliative Behandlung ist immer dann sinnvoll, wenn eine weit fortgeschrittene, nicht mehr heilbare Erkrankung vorliegt, die mit starken Symptomen einhergeht. Sehr starken Schmerzen, starker Unruhe – in einer Situation wo diese Behandlung zu Hause oder in einer anderen Pflegeeinrichtung nicht mehr ausreichend gut möglich ist, dann kommen die Patienten auf die Palliativstation, bekommen dort eine in der Regel sehr spezielle und sorgfältig abgestimmte medikamentöse Behandlung, um diese sehr starken Beschwerden möglichst schnell in den Griff zu bekommen und schnell wieder die bestmögliche Lebensqualität herzustellen.

Wie werden die Angehörigen palliativ begleitet?

Die Angehörigen werden durch das gesamte Palliativteam begleitet. Etwa durch Ärztinnen und Ärzte, die sich auch gezielt Zeit nehmen, um die Angehörigen bei der Krankheitsbewältigung zu unterstützen, zu beraten, über den Umgang mit dem Betroffenen, über rechtliche Themen wie das Erstellen einer Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht, pflegerische Begleitung, pflegerische Beratung, etwa wie eine Mundpflege oder die Versorgung einer Wunde durchzuführen ist, wenn die Angehörigen hier auch selber unterstützen möchten. Durch Hinzuziehen weiterer Berufsgruppen wie etwa der Psychologie oder Sozialarbeit, den Kontakt mit Apotheke und ganz wichtig durch das Herstellen auch von einem Kontakt zu ehrenamtlichen Menschen. Dies ist ein wichtiges Angebot, Ehrenamtliche in eine Betreuung mit hineinzunehmen, die für Angehörige häufig eine sehr gute Entlastung darstellen. Für Angehörige, die beim Betroffenen zu Hause sind, entstehen auch Freiräume, die so vielleicht zum Einkaufen können oder einfach mal einen halben Tag an die frische Luft können, um die eigenen Energien wieder aufzufüllen, den eigenen Akku wieder aufzutanken.

Welche Kosten werden von den Krankenkassen übernommen?

Hier habe ich gute Nachrichten für Sie: Die Gesundheitsgesetzgebung. Eigentlich gibt es hier einen breiten Konsens, nicht nur in der Politik, sondern viele Bereiche der Gesellschaft sehen in der Versorgung von Menschen in ihrer letzten Lebensphase etwas ganz Wesentliches, sodass diese Rahmenbedingungen vorsehen, dass etwa die Versorgung auf einer Palliativstation für den betreffenden kostenlos ist. Die Kosten werden ganz normal von der Krankenkasse übernommen. Das gilt genauso wie die Kostenübernahme für eine ambulante Palliativversorgung, die zu Hause stattfindet. Sei es in der allgemeinen oder spezialisierten ambulanten Palliativversorgung. Und auch die Versorgung in einem Hospiz, also in einem Haus, wo man bis zum Ende seines Lebens leben kann, wenn es zu Hause nicht mehr möglich ist, ist für den betroffenen Patienten kostenlos, wenn eine Pflegestufe vorliegt, was in der Regel immer der Fall ist. Also Palliativversorgung und hospizliche Versorgung kostet den Patienten nichts und ist gleichzeitig sehr gut. Ich kann Ihnen das nur sehr empfehlen.

Welche Neuerungen in der Palliativmedizin gibt es?

Seit dem Jahr 2016 gilt das neue Hospiz- und Palliativgesetz, das eine Reihe von Neuerungen gebracht hat. Jetzt ist es möglich, dass Dienste der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, die Menschen zu Hause palliativ begleiten, nun noch ältere Menschen in Pflegeeinrichtung mitbetreuen können. Ein anderer Bereich ist die Versorgung von Hospizen, die seit vielen Jahren immer 10% ihrer Gesamtkosten durch Spenden sicherstellen mussten. Dieser Anteil ist nun auf 5% reduziert und im Jahr 2017 wurde auch für Menschen in palliativen Situationen etwa der Zugang zu Cannabis mit dem Ziel einer Verbesserung der Lebensqualität durch weniger Schmerzen, weniger Anfälle, erleichtert. Also eine Reihe von Neuerungen, die die Lebensqualität der Patienten verbessern soll.

Welche Frage wird Ihnen sehr häufig von Patienten gestellt?

Bei weit fortgeschritten und nicht mehr heilbaren Erkrankungen stellen Patienten oft die Frage, wie viel Zeit mir noch bleibt. Ich erlebe es dann, wenn ich frage was andere Ärzte erzählt haben, dass andere Ärzte sehr konkrete Zahlen nennen. Das noch fünf oder sechs oder acht Monate bleiben. Ich frage mich immer, woher diese Kollegen das eigentlich so genau wissen. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, dass man hier keine konkreten Zahlen nennt, sondern höchstens über Zeiträume spricht: Einige Wochen, wenige Monate, einige Monate, oder wenige Jahre, denn niemand weiß das so genau. Einmal hat mir ein Patient berichtet, auf die Frage wie viel Zeit ihm denn noch bleibt, man habe ihm gesagt: Noch acht Monate. Und als ich fragte wie viel denn davon noch übrig ist sagte er: Nichts mehr, ich lebe schon ein halbes Jahr über meine Zeit hinaus. Da habe ich ihm gesagt: „Das ist Ihre Zeit, Sie leben Ihre Zeit und nicht über irgendeine hinaus.“ Sie merken also, dass es nicht gut ist, sich auf Zahlen einzulassen, sondern man sollte schauen wie eine Krankheit sich entwickelt. Das ist nämlich bei jedem Menschen ganz individuell und einzigartig.

Gibt es „alternative“ Behandlungsmethoden, die Sie für sinnvoll erachten?

Zu der normalen oder Standardbehandlung in der Palliativmedizin, die sehr häufig aus Medikamenten, psychologischer Begleitung, Physiotherapie, der pflegerischen Versorgung, besteht, gehören sicher auch alternative Behandlungsmethoden. Die können medikamentös und auch nicht medikamentös sein. Ein Beispiel für die Behandlung mit einem Medikament, was man so normalerweise nicht einsetzt, ist z. B. die Behandlung mit Cannabis, dessen Einsatz seit 2017 erleichtert möglich ist in der Palliativversorgung. Zu den nicht medikamentösen alternativen Behandlungen gehört etwa der Einsatz von Kunsttherapie, Musiktherapie, oder tiergestützte Therapie, vielleicht mit einem Therapiehund. Und all diese Therapien sind dann sinnvoll, auch in Ergänzung zu einer medikamentösen Behandlung, wenn manchmal den betroffenen Patienten oder ihren Angehörigen die richtigen Worte fehlen, um das auszudrücken was an Gefühlen im Augenblick da ist.

Welche Veröffentlichung haben Sie gemacht, die für viele Ihrer Patienten relevant ist?

Hier fällt mir ein Patientenratgeber ein für Patienten und Angehörige, der von der Deutschen Schmerzgesellschaft, Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft gemeinsam herausgegeben wird. Als Herausgeber dieses Büchleins ist es mir mit anderen zusammen gelungen, fast 40 Schmerzexperten aus ganz Deutschland zusammenzubringen, die über alle Themen im Bereich Schmerztherapie, der in der Palliativmedizin auch eine große Rolle spielt, hier in kurzen, einfachen Beiträgen Auskunft darüber zu geben, was wichtig ist. Darüber was Schmerz überhaupt ist, über die körperlichen wie psychischen Ursachen und die Behandlung von Schmerzen durch Medikamente und andere Verfahren, etwa Psychotherapie. Und dieser Ratgeber ist zu jedem Beitrag so einfach geschrieben, dass möglichst kein Fremdwort darin vorkommt und für Patienten und Angehörige, glaube ich, eine Fülle von Informationen bereithält. Man kann ihn als Büchlein erwerben, aber vor allen Dingen kostenlos im Internet herunterladen, um sich all diese Texte anzuschauen und vielleicht gute Ideen für die Begleitung des Angehörigen zu bekommen.

Welchen Einfluss hat die Lebenseinstellung auf den Behandlungserfolg?

Ich glaube, dass die Lebenseinstellung einen großen Einfluss auf das Ergebnis einer Behandlung hat. Menschen, die positiv eingestellt sind und auch geduldig auf die Ergebnisse einer Therapie warten, sicher günstigere Voraussetzungen für einen Behandlungserfolg haben. Mit Geduld meine ich etwa die Geduld, die man aufbringen muss im Rahmen einer Schmerztherapie. Wenn Sie mit sehr starken Schmerzen etwa auf eine Palliativstation kommen, dann ist nicht schon innerhalb von einer Stunde eine ausreichend gute Schmerzlinderung erreicht. Hier geht es oft um einen Prozess, der sich so über Tage allmählich entwickelt, und da ist es wichtig, die gute Einstellung nicht zu verlieren, die Hoffnung nicht zu verlieren, sondern Vertrauen in das Team zu haben, um dann noch zu einem guten Ergebnis zu kommen.

Welchen Einfluss haben Ernährung und Sport auf den Behandlungserfolg?

Ernährung und Sport haben einen großen Einfluss auf die Behandlung. Ganz besonders etwa bei einer Kachexie, die im Rahmen einer fortgeschrittenen Krebserkrankung auftreten kann. Unter Kachexie versteht man die Abnahme von Muskelmasse in Zusammenhang mit einer Tumorerkrankung. Ein Tumor kann im Körper eine Art Entzündungsreaktion hervorrufen, ganz ohne fremde Viren oder Bakterien, und diese Botenstoffe der Entzündung fördern einen Muskelabbau, der ganz von alleine geschieht. Menschen werden dann zunehmend schwach, oft auch müde. Hier in diesem Zusammenhang ist gerade eine ausreichende Versorgung, auch wenn kaum Appetit besteht, mit Kalorien und körperlicher Aktivität sinnvoll. Aus klinischen Studien wissen wir, dass gerade diese beiden Aspekte, Ernährung und Aktivität, diesen Muskelabbau bremsen, vielleicht sogar aufhalten, manchmal sogar ein Stück weit rückgängig machen können. Also Ernährung und körperliche Aktivität sind sehr wichtig.

Infos zur Person

Als Neurologe habe ich mich immer schon für die Behandlung von Schmerzen interessiert, in diesem Bereich geforscht und ein besonderes Interesse gehabt, Menschen mit starken Schmerzen zu helfen, etwa in der Kopfschmerzsprechstunde oder bei anderen Schmerzproblemen. Hierüber bin ich auch in Kontakt gekommen mit Menschen, die sehr starke Schmerzen hatten bei einer Tumorerkrankung und deshalb in einer Palliativversorgung waren und habe hier mein Interesse daran entdeckt, diesen Menschen besonders zu helfen. So bin ich Palliativmediziner geworden. Ich habe mich für den Bereich Schmerz über viele Jahre interessiert und engagiert, war im Bereich Forschung etwa tätig in der Forschungskommission der deutschen Schmerzgesellschaft, der größten Schmerzgesellschaft Europas und bin noch Herausgeber eines Patientenratgebers zum Thema Schmerz.

Infos zur Klinik

Als Palliativstation in einem Uniklinikum bieten wir eine spezialisierte Palliativversorgung an. Als Besonderheit gibt es bei uns Musiktherapie und wir haben auch tiergestützte Therapie als Angebot durch unseren Therapiehund Oskar, einen Golden Retriever, der auch dann zu den Patienten kommt, wenn in der Begleitung manchmal die Worte fehlen um etwas auszudrücken. Darüber hinaus bieten wir alles an, was in der Palliativversorgung wichtig ist, etwa die medikamentöse Linderung von starken Schmerzen. Das tun wir auf unserer Palliativstation wie auch mit unserem Konsildienst, einem Team von Pflegenden und Ärzten, die im gesamten Uniklinikum unterwegs sind, um auf den anderen Stationen Menschen mit palliativen Bedürfnissen zu versorgen.

Lebenslauf:

Akademischer Grad

2001 Doctor Medicinae, Universität Mainz, Deutschland. Titel der Doktorarbeit
„Die in vitro-
Chromatresistenz von Lymphozyten nach in vivo-Exposition
gegenüber 1,1,1-Trichlorethan,
Cyclophosphamid und Azathioprin – ein
immuntoxikologisches ELISA-Verfahren“
2012 Habilitation, Privatdozent Dr. med. habil., Universität Mainz, Deutschland.
Titel der Habilitationsschrift „Quantitative sensorische Testung:
Mechanismen-basierte
Diagnostik chronischer Schmerzsyndrome”
05/2014- W3-Professur, Lehrstuhl für Palliativmedizin der Universitätsklinik RWTH
Aachen

Bisherige Positionen

1999-2010 Wissenschaftlicher und klinischer Mitarbeiter, Klinik für Neurologie,
Universität Mainz,
Deutschland
2002-2003 Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Physiologie und
Pathophysiologie, Universität
Mainz, Deutschland, (Prof. Dr. Treede, AG
Neurophysiologie)
2004-2005 Wissenschaftlicher und klinischer Mitarbeiter, Interdisziplinäres
Schmerzzentrum,
Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinik Mainz,
Deutschland (Prof. Dr. Jage)
2007-2009 Wissenschaftlicher und klinischer Mitarbeiter, Palliativpflegeeinheit,
Klinik für
Hämatoonkologie, Universitätsklinik Mainz, Deutschland (Prof. Dr.
Weber)
2012– Mitglied des Klinischen Ethikkomitees, Universitätsklinik Bonn, Deutschland
2011-2014 Stellvertretender Direktor, Ltd. Oberarzt,
Klinik für Palliativmedizin,
Universitätsklinik Bonn, Deutschland
2014- Stellv. Vorsitzender des Klinischen Ethikkomitees, Universitätsklinik RWTH
Aachen
05/2014- Lehrstuhl und Direktor der Klinik für Palliativmedizin, Uniklinik RWTH
Aachen, Deutschland

Weitere Positionen

2002- Gutachter für zahlreiche Zeitschriften wie Palliative Medicine,
Palliativmedizin, Pain, European
Journal of Pain, Journal of Pain, Schmerz,
Anästhesist, Neurology, Movement Disorders
2005-2008 Associate Editor European Journal of Pain
2011- Mitglied des Komitees zur Vergabe des Förderpreises für Schmerzforschung
der Deutschen Schmerzgesellschaft (DGSS)
2011-2017 Mitglied der Forschungskommission der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V.
(DGSS)
2012- Mitglied der Cancer Pain Special Interest Group (Cancer Pain SIG) der IASP
2012-2013 Mitglied des wissenschaftlichen Programm-Komitees für den EFIC Kongress
2013, Florenz, Italien
2014-2016 Associate Editor der Zeitschrift PAIN
2015- Gründungsmitglied der NPA (Neuropalliative Arbeitsgemeinschaft)
2017-2018 Mitglied des wissenschaftlichen Programm-Komitees für den EAPC World
Research Congress,
Bern, Schweiz
2018 Chair und ärztlicher Leiter des internationalen Kongresses „Palliative Care
in Latin America“ in
Lima, Peru (Oktober 2018)

Mitgliedschaften:

Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP)
Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN)
Mitglied der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. (DGSS, Deutsche Sektion der IASP)
Mitglied der European Association of Palliative Care (EAPC)
Mitglied der European Palliative Care Research Collaborative (EPCRC)
Mitglied der International Association for the Study of Pain (IASP)

Publikationen:

Wichtigste Publikationen

 

  1. 1. Mücke M, Tils M, Conrad R, Kravchenko D, Cuhls H, Radbruch L, et al. Matrix stimulation in cancer pain: Methodology, safety and effectiveness. Eur J Pain. 2018;22(1):58-71.
  2. 2. Rolke R, Rolke S, Hiddemann S, Mücke M, Cuhls H, Radbruch L, et al. Update palliative pain therapy. Internist (Berl). 2016;57(10):959-70.
  3. 3. Mücke M, Cuhls H, Radbruch L, Baron R, Maier C, Tolle T, et al. Quantitative sensory testing (QST). English version. 2016.
  4. 4. Marinova M, Rauch M, Mücke M, Rolke R, Gonzalez-Carmona MA, Henseler J, et al. High-intensity focused ultrasound (HIFU) for pancreatic carcinoma: evaluation of feasibility, reduction of tumour volume and pain intensity. Eur Radiol. 2016;26(11):4047-56.
  5. 5. Mulvey MR, Rolke R, Klepstad P, Caraceni A, Fallon M, Colvin L, et al. Confirming neuropathic pain in cancer patients: applying the NeuPSIG grading system in clinical practice and clinical research. Pain. 2014;155(5):859-63.
  6. 6. Mücke M, Cuhls H, Radbruch L, Weigl T, Rolke R. Evidence of heterosynaptic LTD in the human nociceptive system: superficial skin neuromodulation using a matrix electrode reduces deep pain sensitivity. PLoS One. 2014;9(9):e107718.
  7. 7. Rolke R, Rolke S, Vogt T, Birklein F, Geber C, Treede RD, et al. Hand-arm vibration syndrome: clinical characteristics, conventional electrophysiology and quantitative sensory testing. Clin Neurophysiol. 2013;124(8):1680-8.
  8. 8. Gustorff B, Sycha T, Lieba-Samal D, Rolke R, Treede RD, Magerl W. The pattern and time course of somatosensory changes in the human UVB sunburn model reveal the presence of peripheral and central sensitization. Pain. 2013;154(4):586-97.
  9. 9. Franz M, Spohn D, Ritter A, Rolke R, Miltner WH, Weiss T. Laser heat stimulation of tiny skin areas adds valuable information to quantitative sensory testing in postherpetic neuralgia. 2012;153(8):1687-94.
  10. 10. Mueller C, Klega A, Buchholz HG, Rolke R, Magerl W, Schirrmacher R, et al. Basal opioid receptor binding is associated with differences in sensory perception in healthy human subjects: a [18F]diprenorphine PET study. 2010;49(1):731-7.
  11. 11. Bachmann CG, Rolke R, Scheidt U, Stadelmann C, Sommer M, Pavlakovic G, et al. Thermal hypoaesthesia differentiates secondary restless legs syndrome associated with small fibre neuropathy from primary restless legs syndrome. 2010;133(Pt 3):762-70.
  12. 12. Pfau DB, Rolke R, Nickel R, Treede RD, Daublaender M. Somatosensory profiles in subgroups of patients with myogenic temporomandibular disorders and Fibromyalgia Syndrome. Pain. 2009;147(1-3):72-83.
  13. 13. Freynhagen R, Rolke R, Baron R, Tolle TR, Rutjes AK, Schu S, et al. Pseudoradicular and radicular low-back pain – a disease continuum rather than different entities? Answers from quantitative sensory testing. Pain. 2008;135(1-2):65-74.
  14. 14. Uceyler N, Eberle T, Rolke R, Birklein F, Sommer C. Differential expression patterns of cytokines in complex regional pain syndrome. 2007;132(1-2):195-205.
  15. 15. Urban PP, Rolke R, Wicht S, Keilmann A, Stoeter P, Hopf HC, et al. Left-hemispheric dominance for articulation: a prospective study on acute ischaemic dysarthria at different localizations. 2006;129(Pt 3):767-77.
  16. 16. Rolke R, Magerl W, Campbell KA, Schalber C, Caspari S, Birklein F, et al. Quantitative sensory testing: a comprehensive protocol for clinical trials. Eur J Pain. 2006;10(1):77-88.
  17. 17. Rolke R, Baron R, Maier C, Tolle TR, Treede RD, Beyer A, et al. Quantitative sensory testing in the German Research Network on Neuropathic Pain (DFNS): standardized protocol and reference values. 2006;123(3):231-43.